Kurze Geschichte der zoologischen Gärten
Vom Altertum bis zum Artenschutz der Moderne
Die Geschichte der Zoos reicht weit zurück - etwa 5000 Jahre. Nachweise von Einrichtungen, in denen Wildtiere gehalten wurden, gibt es schon aus Ägypten oder China: Die Pharaonen verehrten einige Wildtiere als Gottheiten; sie wurden aber auch als Jagdhelfer oder zu Schlachtzwecken gehalten, darunter Antilopen, Giraffen, Elefanten und Strauße. Der chinesische Kaiser Wen-Wang hielt 1150 v. Chr. einen „Park des Wissens“, in dem Tiger, Nashörner, Tapire und Riesenschlangen lebten.
Eine wichtige Rolle spielte die Haltung von Wildtieren im antiken Rom – für kulinarische Zwecke aber auch für Schaukämpfe in Arenen. Löwen, Hyänen, Leoparden, Giraffen und Nashörner wurden zur Schau gestellt und oftmals getötet: Allein 5.000 Tiere starben, als das Kolosseum in Rom 80 n. Chr. eröffnet wurde. Auch nördlich der Alpen errichteten die Römer Amphitheater - in Deutschland z.B. in Köln, Mainz, Trier und Xanten. Mit dem Untergang des römischen Reiches verschwanden für lange Zeit fast alle exotischen Großtiere aus Europa.
Erst in der Zeit der Kreuzzüge und der frühen Entdeckungsreisen wurden wildlebende Tiere wieder in größerem Stil eingeführt. Sie wurden in sogenannten Menagerien gehalten, die sich direkt an den Hof von Adeligen anschlossen, z.B. im Park oder Schlossgarten. Diese Art der Tierhaltung diente auch der Zerstreuung, war aber vor allem als Zeichen von Macht und Reichtum der Adeligen zu verstehen. Die ersten großen Tiergärten des Mittelalters ließ Kaiser Friedrich II. erbauen. Vereinzelt errichteten auch freie Reichsstädte wie Frankfurt, Solothurn oder Friedberg Menagerien. Viel häufiger jedoch waren sogenannte Hirschgräben, Teile der Stadtgräben, die dazu verwendet wurden, heimisches Wild zu halten. Zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert wurden zudem zahlreiche fürstliche Wildparks errichtet.
Erst Versailles, dann Schönbrunn
Auch am Schloss von Versailles entstand eine königliche Menagerie. König Ludwig XIV. ließ eine Anlage gestalten, die Vorbild für zahlreiche spätere höfische Tierhaltungen war: In ihrem Zentrum stand ein kleines, barockes Lustschloss, von dem strahlenförmig sieben Tiergehege ausgingen. Die Anlage diente als Vorläufer für den Tiergarten Schönbrunn in Wien, der als ältester heute noch bestehender Zoo der Welt gilt – 1752 eröffnet. Um einen achteckigen Pavillon wurden zunächst zwölf Logen für die Tierhaltung angeordnet. Anfänglich diente die Anlage lediglich dem naturwissenschaftlichen Interesse Kaiser Franz I. und der Erholung seiner Familie. Bereits 1779 aber wurde sie bei freiem Eintritt für die Wiener Bevölkerung geöffnet.
Im 19. Jahrhundert wurden erstmals Zoos gegründet, die sich auch als Stätten der Erholung und der naturkundlichen Volksbildung verstanden. Der erste Zoo dieser Generation wurde in London 1828 als Sammlung von Tieren für wissenschaftliche Studien eröffnet und nannte sich erstmals „Zoologischer Garten“. 1844 wurde in Berlin der erste Zoo in Deutschland eröffnet. Mit Basel folgte 1874 der erste Zoo der Schweiz. Schon zur Jahrhundertwende gab es im damaligen Deutschen Reich über 20 Zoos und Schauaquarien.
Im Unterschied zu den Menagerien oder fürstlichen Tierparks verfolgten die neu eröffneten Zoos des 19. Jahrhunderts einen Bildungsanspruch. Sie wollten wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Tierhaltung ziehen und diese an die Bevölkerung vermitteln. Zumindest die größeren Zoos waren deshalb auch wissenschaftliche Einrichtungen. Die Anlagen strebten danach, möglichst vollständig die Artenvielfalt zu präsentieren. Wachsende Sammlungen an Tieren waren die Folge. Damit kamen die Zoos zwar ihrem wissenschaftlichen Anspruch nach, gleichzeitig wurden die Käfige aber immer kleiner, in gleichförmigen Reihen aufgestellt und zum Teil sogar übereinandergestapelt – eher im Sinne eines lebenden Museums als eines zoologischen Gartens. Der Erholungswert für die Bevölkerung, der zu dieser Zeit eigentlich durch die zunehmende Verstädterung immer wichtiger wurde, ging zurück.
Das änderte sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts. Neue Konzepte der Tiergärtnerei wurden entwickelt und umgesetzt. Vorreiter hinsichtlich der Tierpräsentation im modernen Sinne sind in Deutschland die beiden Tierparks Hagenbeck in Hamburg, gegründet 1907, und Hellabrunn in München, gegründet 1911.
Der erste Zoo ohne Gitter: Carl Hagenbeck
Carl Hagenbecks Ziel war es, Tiere in größtmöglicher Freiheit zu zeigen. Als er den ersten gitterlosen Tierpark eröffnete, läutete er eine neue Ära der Tiergärtnerei ein, die weltweit Zoos prägen sollte: Mit Hilfe von Kulissen zeigte er die Tiere in ihrem nachempfundenen natürlichen Lebensraum und schuf ganze Landschaftspanoramen – ohne Gitter. Zugleich wandte er sich teilweise von der systematischen Tierhaltung ab und präsentierte die Tiere auch nach geografischen Gesichtspunkten.
1911 wurde der Münchner Tierpark Hellabrunn im Landschaftsschutzgebiet der Isarauen eröffnet. Statt künstlicher Felskulissen wurde die natürliche Landschaft mit Hanggelände, Bach- und Auengebieten für eine der Natur nachempfundene Tierhaltung genutzt. Weltweit prägend für die Entwicklung moderner Zoos war die Konzeption dieses Tierparks als Geozoo, bei dem die Tiere nach Kontinenten geordnet leben und in natürlichen Lebensgemeinschaften gemeinsam Anlagen bewohnen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Zahl der wissenschaftlich geleiteten und in entsprechenden Verbänden organisierten Zoos im deutschsprachigen Raum auf rund 60 an. Da die Planwirtschaft der DDR die Zahl der Zoos auf einen pro Bezirk begrenzte, wurden zahlreiche „Heimattiergärten“ gegründet, von denen einige bald auch fremdländische Tierarten zeigten. In Westdeutschland, der Schweiz und Österreich entstanden als Folge des Wirtschaftswunders zahlreiche Kleinzoos auf privater Grundlage. Auch Schlossbesitzer, Forstverwaltungen, Kommunen und Vereine eröffneten Tier- oder Wildparks.
Als neue Betriebsformen kamen mit Privatautos, Bussen oder Zügen zu befahrende Safariparks, begehbare Affenparks, Tierhaltungen heimischer Arten in Verbindung mit Naturschutzgebieten, Meeresparks, Vogelparks und andere Spezialzoos hinzu. Einen Einfluss auf die Zoolandschaft hatten auch die Bundes- und Landesgartenschauen, in deren Zuge Zoos erweitert, umgestaltet oder neu geschaffen wurden. Zudem wurden immer mehr große Schauaquarien eröffnet. Während in vielen Ländern Zoos und Schauaquarien strikt getrennte Einrichtungen sind, ist dies im deutschsprachigen Raum nicht immer der Fall: Fast alle VdZ-Zoos halten auch Fische und 13 Zoos haben namhafte Aquarien mit mehr als 100 Fischarten.
Tiergartenbiologie als neue Disziplin
Die Tiergartenbiologie etablierte sich im vergangenen Jahrhundert als eigenständige, wissenschaftliche Disziplin – und sie veränderte die Zoos. Als ihr Begründer gilt Heini Hediger, der nacheinander die Zoos von Bern, Basel und Zürich leitete. Er veröffentlichte seine Erlebnisse mit Tieren, seine Beobachtungen und seine Ideen in zahlreichen Schriften und Büchern.
Aufbauend auf Hedigers Erkenntnissen entwickelten die modernen Zoos ein Selbstverständnis, das auf vier Säulen fußt: Erholung, Bildung, Forschung und Naturschutz. Seit 1960 am Frankfurter Zoo die erste Zooschule auf dem europäischen Festland eröffnet wurde, erlebte die Zoopädagogik einen ungeahnten Aufschwung. Heute findet Wissensvermittlung in vielen verschiedenen und kreativen Formen und auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnitten statt. Parallel dazu nahm die Zahl der wissenschaftlichen Forschungsarbeiten, die in Verbindung mit Zoos durchgeführt wurden, laufend zu.
Auch als Natur- und Artenschutzzentren spielen moderne Zoos eine große Rolle. Dieses Engagement begann mit der Begründung von internationalen Zuchtbüchern Ende der 1980er Jahre, von denen eine immer größere Zahl etabliert wurde. Oftmals hüten Zoos mit in freier Wildbahn bereits ausgestorbenen Arten einen letzten genetischen Schatz. Nachzüchtungen, Auswilderung, die Unterstützung von Schutzprojekten und Forschungsergebnisse, die auch für den Schutz der Arten in ihrem natürlichen Lebensraum eine hohe Bedeutung haben, sind wichtige Aufgaben, die Zoos für den weltweiten Natur- und Artenschutz leisten.
Ziel der im VdZ organisierten Zoos ist es immer, den Tieren bestmögliche Lebensbedingungen zu bieten. Gesetzliche Anforderungen an den Tierschutz sind dabei die Grundlage für die Tierhaltung. Die Mitgliederzoos arbeiten nach den ethischen Leitlinien und Standards des Weltzooverbandes WAZA und des Europäischen Verbandes der Zoos und Aquarien EAZA.
Naturnahe Gehege
Zu der modernen Tierhaltung in den VdZ-Zoos gehört neben einer angemessenen Pflege und einer guten tierärztlichen Versorgung unter anderem eine abwechslungsreiche Gestaltung von naturnahen Gehegen, die dem natürlichen Lebensraum der Tiere nachempfunden wird. Entwicklungen, die in den vergangenen Jahrzehnten hinsichtlich der Tierhaltung bereits viele positive Veränderungen bewirkt haben, werden weiter vorangetrieben: Gemeinschaftshaltung verschiedener Arten, Gestaltung der Gehege nach Landschaftsvorbildern, Beschäftigung der Tiere durch Futterverstecke, Spielzeuge, Gerüche und Trainings sind Beispiele moderner Tierhaltung. Zunehmend spielt neben dem physischen auch das psychische Wohl der Tiere eine Rolle.
Auch in den nächsten Jahrzehnten werden die VdZ-Zoos ihr Erscheinungsbild und ihre Gehege verändern – für immer bessere Haltungsbedingungen und auch für neue Besuchererlebnisse. Die Spezialisierung der Zoos könnte zunehmen. In steigendem Maße wird zudem die faszinierende Unterwasserwelt durch den Bau von Aquarien erlebbar. Neue Erkenntnisse ermöglichen auch die Haltung und Zucht von Arten, die bisher nicht gezeigt werden konnten, wie z.B. verschiedene Fisch- und Quallenarten. Durch Zucht, eigene Projekte und Zoopädagogik werden die VdZ-Zoos weiterhin ihre Rolle als Naturschutzzentren ausbauen. Unterstützt, aber von moderner Elektronik nicht ersetzt, werden die zoologischen Gärten auch in Zukunft Anlaufstelle für jährlich viele Millionen Besucher sein.