Pressemitteilung
Artenschutz erfordert Verantwortung
Verband der Zoologischen Gärten unterstützt wissenschaftsbasiertes Populationsmanagement
Berlin, 28. Januar 2025 – Wissenschaftlich geführte Zoos erfüllen eine zentrale Rolle im globalen Artenschutz und in der Umweltbildung. Angesichts des rasanten Verlusts von Lebensräumen und Artenvielfalt appellieren Wissenschaftler und Zoos an die Gesellschaft, diese Aufgabe klar zu unterstützen. In einem aktuellen Beitrag der renommierten Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) unterstreichen Experten, dass Artenschutz außerhalb des natürlichen Lebensraums – sogenannter Ex-situ-Schutz – nur durch ein aktives und nachhaltiges Populationsmanagement möglich ist.
Um die Tierarten jetzt und in Zukunft genetisch gesund zu halten, tauschen Zoos im Rahmen der Europäischen Zuchtprogramme des Europäischen Zooverbands (EAZA) regelmäßig Tiere untereinander aus. Zur Populationssteuerung wird auch Geburtenkontrolle eingesetzt, und in manchen Fällen ist die Tötung eines Tieres unvermeidbar. Diese Tiere können dann als Nahrung für die Raubtiere der Zoos dienen. Denn Fleischfresser wie Löwen, Tiger, Wölfe, Bären oder Greifvögel benötigen für ihre artgerechte Ernährung Fleisch. Die Verfütterung von Zootieren stellt dabei eine nachhaltige Alternative zur Massentierhaltung dar.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Fortpflanzung der Zootiere. Diese ist essenziell für den Erhalt der Populationen in Zoos und trägt zum Artenschutz bei. Besonders bei sozial lebenden Arten steigert die Aufzucht von Jungtieren die Lebensqualität der gesamten Gruppe. In der Wildnis reguliert sich die Populationsgröße einer Tierart meist auf natürliche Weise durch Faktoren wie Nahrungsangebot, Krankheiten, Raubtiere und Lebensraum. In den Zoos müssen Menschen diese oft nicht leichte Verantwortung tragen.
"Die jüngste Diskussion um das Populationsmanagement in Zoos berührt uns alle sehr", erklärt Volker Homes, Geschäftsführer des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ). "Entscheidungen zum Populationsmanagement treffen wir mit größter Sorgfalt und ethischer Verantwortung. Diese Herangehensweise wird vom Europäischen Zooverband unterstützt und folgt strengen Kriterien. Der Erhalt bedrohter Arten in der Wildnis und in Zoos erfordert dabei manchmal Entscheidungen, die emotional herausfordernd sind. Würden wir ausschließlich einzelne Tiere bis zu ihrem natürlichen Lebensende pflegen, gefährdeten wir die genetische Vielfalt und damit das Überleben ganzer Arten auch in der Wildnis."
Die Ergebnisse geben den wissenschaftlich geführten Zoos recht: Nach dem One Plan Approach der Weltnaturschutzunion (IUCN) verbinden Zoos den Schutz von Arten in und außerhalb ihrer natürlichen Lebensräume. Beeindruckende Beispiele sind die Wiederansiedlung des Bartgeiers in verschiedenen Regionen Europas, unter anderem in den Alpen mit über 400 ausgewilderten Vögeln seit 1986 sowie die erfolgreiche Rückkehr von Europäischem Wisent und Przewalski-Pferd in ihre ursprünglichen Lebensräume.
Das dramatische Artensterben stellt unsere Generation vor eine historische Aufgabe. „Zoos sind ein unverzichtbarer Partner im Kampf gegen das globale Artensterben. Die Frage ist nicht, ob Zoos ihre Aufgaben erfüllen, sondern ob wir als Gesellschaft bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen, die wir der Natur gegenüber haben. Wir sind überzeugt: Nur mit Transparenz, mit wissenschaftlich fundierten, ethisch reflektierten und von der Gesellschaft mitgetragenen Konzepten können wir diese Herausforderung meistern. Dafür setzen wir uns jeden Tag mit Herz und Verstand ein", schließt der VdZ-Geschäftsführer.
Eine zentrale Aufgabe der Zoos ist es, den Besuchern ein authentisches Bild der Natur zu vermitteln und über die Realität – das Leben, die Vermehrung und auch über den Tod von Tieren – transparent zu kommunizieren. Die Realität in der Natur ist komplex und oft auch hart - geprägt von Konkurrenzkampf und natürlicher Auslese. Die moderne Zoobildung zielt darauf ab, neben Wissen auch Verständnis für diese ökologischen Zusammenhänge zu schaffen und das Bewusstsein für den Artenschutz zu stärken", erklärt Volker Homes, VdZ-Geschäftsführer. „Es geht darum, die Menschen für die komplexen Zusammenhänge von Ökologie und Artenschutz zu sensibilisieren – und gleichzeitig die Verantwortung, die wir als Gesellschaft tragen, deutlich zu machen.“
In den 70 wissenschaftlich geführten Zoos des VdZ erleben jährlich 42 Millionen Menschen die Faszination der Tierwelt, zu der Leben und Sterben dazugehören. Diese direkten Begegnungen schaffen Verständnis und Empathie für Tiere und motivieren zum Engagement für den Artenschutz.