Haltungsbedingungen im Ersatzlebensraum Zoo
Die Bedingungen, unter denen Zootiere gehalten werden, haben sich im Lauf der langen Geschichte der Tiergärten permanent verändert. Von den einstigen Menagerien bis hin zu den modernen Artenschutzzentren unserer Tage, haben die Zoos eine interessante und wechselvolle Geschichte erlebt.
Insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts, durch die Hagenbeckschen Ideen eines gitterlosen Zoos beeinflusst, gab es in den Folgejahrzehnten immer wieder tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen bei der Tierhaltung. Jede Tiergärtner-Generation war bemüht, die Lebensqualität der Zoobewohner zu optimieren. Dies ist auch weitgehend gelungen, wenn wir die letzten hundert Jahre in der Geschichte der Zoos betrachten und die deutlichen Veränderungen in der Haltung und Präsentation von Tieren beurteilen.
Nach und nach werden Relikte alter Zoogehege aus den Zoologischen Gärten zu modernen Tieranlagen umgebaut. „Badezimmer-Architektur“ und “Kachelzoo“ sind heute weitgehend aus den Tiergärten verschwunden und werden durch natürliche Lebensraumausschnitte ersetzt. Wildtiere leben heute eher als Revierbesitzer in vom Menschen geschaffenen Ersatzhabitaten statt in sterilen Käfigen. Der Zeitgeist hat Einzug gehalten und beeinflusst auch das Geschehen in den Zoologischen Gärten. Die Zoobesucher sind kritischer geworden und wollen die Tiere in einer nachgebildeten, natürlichen Landschaft mit Wasserfällen und Regenwald-Atmosphäre entdecken. In vielen Zoos ist dies bereits umgesetzt bzw. wird in naher Zukunft umgesetzt werden. Die Größe und die Struktur der Gehege sind entscheidende Merkmale für ihre Bewohner, wobei die Größe als Lebensraumfaktor meist überschätzt wird. Tiere bewegen sich in der Wildnis im Wesentlichen zur Suche nach Nahrung, nach Partnern oder um Feinden zu entgehen. Diese Faktoren sind im Zoo anders zu bewerten als in der Wildnis. Kleinere Gehege sind in vielen Zoos verschwunden oder wurden mit anderen Anlagen zusammengefasst und bieten den Tieren ein größeres Areal mit mehr Bewegungsmöglichkeiten, Rückzug und Beschäftigung. Dies hat allerdings einen Rückgang der in den Zoos gehaltenen Arten zur Folge. Ein Widerspruch, der sich nicht einfach auflösen lässt. Bei immer mehr bedrohten und aussterbenden Arten in der Wildnis muss es die Aufgabe der Zoos sein, die letzten ihrer Art in menschliche Obhut zu nehmen, zu vermehren und bei günstigen Umweltbedingungen wieder auszuwildern. Es braucht also eine Haltung möglichst vieler Arten in Zoos unter den bestmöglichen Haltungsbedingungen. Diese gesellschaftlichen Anforderungen werden die Zoos der Zukunft nachhaltig weiter verändern.
Einschneidende Veränderungen in den Haltungsbedingungen gab es auch durch die immer stärker werdende Vergesellschaftung von Tierarten. Die Einzelhaltung von Arten mit einem Greifvogel in einer Voliere neben vielen anderen ähnlich aussehenden Greifvögeln in Volieren früherer Epochen ist einer Gemeinschaftshaltung im Gehege gewichen, eine Entwicklung, die seit geraumer Zeit in vielen Zoos zu beobachten ist. Immer mehr greift die Idee in den Zoos um sich, zwei oder mehrere Tierarten zusammen in einem Gehege zu halten. Beispiele sind die Afrika-Savannen mit Zebras, Straußen und Giraffen auf einer Anlage oder einer Papageienwelt mit zahlreichen Papageienarten. Sie ist ein Beitrag zur Optimierung der Tierhaltung und schafft oftmals Interaktion im Gehege. Zudem bewirkt eine solche Haltungsform – vorzugsweise von Arten aus dem gleichen Lebensraum – eine deutliche Steigerung des Erlebnisfaktors bei den Zoobesuchern. Gerade bei Huftieren sind solche Gemeinschaftshaltungen ideale Möglichkeiten, die Haltungsbedingungen den Gegebenheiten in der Wildbahn anzugleichen. Beispiele hierfür sind die großflächige Kiwara-Savanne im Zoo Leipzig oder der Nashorn-Park im Zoo Schönbrunn mit der Zusammenführung von Panzernashörnern mit asiatischen Hirschen und Antilopen.